Auschwitz war das größte Konzentrations- und Vernichtungslager NS-Deutschlands. Über eine Million Menschen wurde in Auschwitz ermordet, die meisten von ihnen waren Jüdinnen und Juden. Aber auch politische Gegner, Sinti*zze und Rom*nja, Homosexuelle, Priester und Menschen mit Behinderung wurden Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsstrategie. Das Lager wurde 1940 in einer ehemaligen Kaserne der Stadt Oświęcim zunächst für polnische Gefangene errichtet. Im nahegelegenen Birkenau sollte 1941 ein Lager für 100.000 Kriegsgefangene gebaut werden. Diesen Zweck erfüllte Birkenau jedoch nicht, sondern wurde zu einer millionenfachen Mordstätte. Neben dem Stammlager Auschwitz I und dem Vernichtungslager Birkenau Auschwitz II, darunter auch das sogenannte Zigeunerlager Auschwitz, umfasste der Lagerkomplex Auschwitz noch das Lager Auschwitz III (Monowitz) neben der Baustelle einer riesigen Chemiefabrik der I.G. Farben. Seit Sommer 1942 wurden die nahezu aus ganz Europa deportierten Jüdinnen und Juden nach ihrer Ankunft in Birkenau nach ihrer Arbeitsfähigkeit „selektiert“. Nur wer als Häftling registriert wurde, erhielt eine Nummer; alle Übrigen wurden unmittelbar in den Gaskammern erstickt. Bis Sommer 1944 ließ das Reichssicherheitshauptamt 1,1 Millionen Juden nach Birkenau deportieren, von denen etwa 900.000 sofort ermordet wurden. Auch etwa 20.000 Sinti*zze und Rom*nja starben an den verheerenden Bedingungen im „Zigeunerlager“ oder wurden im Gas erstickt. Als die sowjetische Armee sich näherte, begann die SS damit, Akten, Totenscheine und andere Beweise für ihre Verbrechen zu verbrennen sowie Baracken, Gaskammern und Krematorien zu sprengen. Am 27. Januar 1945 befreite die sowjetische Armee 7.000 todkranke Häftlinge – weitere Zehntausende waren von der SS vor dem Eintreffen der Roten Armee auf „Todesmärschen“ Richtung Westen getrieben worden. 1963 begann in Frankfurt/Main der „Auschwitz-Prozess“ gegen 22 Aufseher*innen. Insgesamt wurden 359 Zeugen aus 19 Ländern vor Gericht angehört, meist ehemalige Häftlinge. Nach 154 Prozesstagen verurteilte das Gericht sechs der Angeklagten zu lebenslangen Freiheitsstrafen. Der ehemalige Kommandant Rudolf Höß war bereits 1947 in Polen zum Tod verurteilt und hingerichtet worden. Die Urteile wurden häufig als zu milde kritisiert, jedoch waren die Auschwitz-Prozesse Anstoß für eine Debatte darüber, wie mit NS-Verbrechen und der eigenen Mitschuld gesamtgesellschaftlich umgegangen werden sollte. 1979 wurde die Verjährungsfrist von Mord in der Bundesrepublik aufgehoben, um die Täter*innen weiterhin strafrechtlich verfolgen zu können. Seit 2011 können auch Mittäter*innen belangt werden, die die NS-Verbrechen durch ihr Tun möglich gemacht haben.
Einfahrt des Konzentrationslagers Auschwitz
Bundesarchiv, B 285 Bild-04413 / Stanislaw Mucha / CC-BY-SA 3.0 ©Stanislaw Mucha, 1945
Die SS unterteilte die Inhaftierten der Konzentrationslager in unterschiedliche Häftlingsgruppen und kennzeichnete sie entsprechend. Dadurch konnte das Wachpersonal ihre Zugehörigkeit erkennen. Die Eingruppierung erfolgte nach Nationalität, zugeschriebener „Rasse“ und von der SS eingeführten Kategorien wie „Asoziale“ oder „Berufsverbrecher“ und war anhand von farbigen Stoffdreiecken, die auf die Häftlingskleidung genäht waren, sichtbar. Weitere Kennzeichen machten deutlich, wer der SS als Funktionshäftling (z. B. Stubenältester bzw. Block- oder Barackenältester) diente. Häftlinge konnten also mehr als einer Häftlingsgruppe angehören, dementsprechend wurden mehrere Kennzeichen auf der Kleidung kombiniert. Im Konzentrationslager Auschwitz wurde den Häftlingen, zusätzlich zu den Abzeichen auf der Kleidung, eine Nummer eintätowiert, die einerseits der schnellen Identifizierung bei Fluchtversuchen dienen und andererseits Verwechslungen bei entkleideten Leichen vorbeugen sollte.
Kennzeichnung der Nationalsozialisten von Schutzhäftlingen aus den frühen 1930er Jahren © United States Holocaust Museum, Washington, erstmals veröffentlicht 2006
Unter dem Vorwand des wissenschaftlichen Fortschritts wurden an KZ-Insassen grausame, oft tödliche medizinische Versuche durchgeführt. Besondere Bekanntheit erlangte in diesem Zusammenhang Josef Mengele, Lagerarzt des KZ Auschwitz. Medizinische Experimente waren allerdings auch in anderen Konzentrationslagern keine Seltenheit und dienten unterschiedlichsten Zwecken: Um die Überlebenschancen von über dem Meer abgeschossenen deutschen Piloten abschätzen zu können, wurden Häftlinge beispielsweise gezwungen, Meerwasser zu trinken, bis sie aufgrund des Salzgehalts im Wasser verdursteten. In Experimenten wurden Häftlingen zum Teil lebenswichtige Organe entnommen, um zu ermitteln, wie lange ein Mensch ohne diese überleben kann. Offene Wunden Inhaftierter wurden vorsätzlich mit Staphylokokken und Streptokokken infiziert, was ohne Verabreichung von Medikamenten oftmals zum Tod des Häftlings führte. Medizinische Institute gaben die Ermordung von KZ-Insassen sogar in Auftrag, um an den Leichen pathologische Experimente vorzunehmen.
Raum für "medizinische" Experimente, ein Seziertisch im KZ Natzweiler-Struthof im französischen Elsass© Sebastian Mares, 2003
Das sogenannte Zigeunerlager beschreibt den Abschnitt II B e des KZ Auschwitz-Birkenau und wurde im Dezember 1942 auf Befehl Himmlers errichtet. Es bestand aus 32 nicht isolierten Holzbaracken des Typs „Pferdestall“. Obwohl die Baracken jeweils nur 400 Personen fassen konnten, waren zeitweise bis zu 1.000 Häftlinge dort regelrecht eingepfercht. Auch größeren Familien stand nur eine Pritsche zu. Im Unterschied zu anderen Lagerabschnitten wurden Männer, Frauen und Kinder hier nicht getrennt voneinander untergebracht. Sie behielten – ebenfalls entgegen der gängigen Praxis in Auschwitz – auch ihre Zivilkleidung. Die völlige Überbelegung der Baracken, die unzureichende Versorgung sowie schwere körperliche Arbeit führten zum massenhaften Ausbruch von Krankheiten und Sterben. Traurige Bekanntheit erlangte das Lager für Sinti*zze und Rom*nja zudem durch die „pseudowissenschaftlichen“ Experimente des Lagerarztes Josef Mengele. Am 16. Mai 1944 kam es im „Zigeunerlager“ zu einem Aufstand, bei dem sich die Häftlinge mit Steinen und Werkzeugen bewaffnet verbarrikadierten, um die Auflösung des Lagers zu verhindern. Am 2. August 1944 liquidierte die SS das Lager und ermordete die verbliebenen fast 3.000 Sinti*zze und Rom*nja, darunter viele Ältere und Kinder. Insgesamt waren mehr als 23.000 Sinti*zze und Rom*nja zwischen dem 26. Februar 1943 und dem 1. August 1944 in das „Zigeunerlager“ in Auschwitz-Birkenau deportiert worden.
Das "Zigeunerlager" im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau
© British Government, 1944
Das nationalsozialistische Regime zwang mehr als 20 Millionen Menschen im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten zur Zwangsarbeit. Betroffen waren sowohl ausländische Zivilist*innen als auch Inhaftierte und Kriegsgefangene unterschiedlicher Nationalitäten. In den Konzentrationslagern war Zwangsarbeit Teil der Vernichtungsstrategie („Vernichtung durch Arbeit“). Zwangsarbeiter*innen mussten in der Landwirtschaft, der Rüstungsindustrie, im Bergbau und bei handwerklichen Tätigkeiten Schwerstarbeit leisten. Die mit Kriegsverlauf zunehmend härteren Arbeitsbedingungen führten zu hohen Sterblichkeitsraten unter den Zwangsarbeiter*innen.
Häftlinge bei der Zwangsarbeit im Schutzhaftlager des Konzentrationslagers Dachau
Bundesarchiv, Bild 152-01-26 / CC-BY-SA 3.0
© Friedrich Franz Bauer, 1933
Als „Funktionshäftlinge“ bezeichneten die Nationalsozialisten jene KZ-Gefangenen, welche die SS dabei unterstützten, die Arbeitseinsätze in- und außerhalb der KZ zu organisieren sowie die Ordnung im Lager aufrechtzuerhalten. Mit der steigenden Zahl an KZ-Häftlingen wuchs deren Bedeutung für die Kontrolle der Häftlinge. Als Gegenleistung erhielten die „Funktionshäftlinge“ (häufig von der SS als „Kriminelle“ kategorisierte Deutsche und Österreicher) gewisse Privilegien. Solange sie nicht bei der SS in Ungnade fielen, hatten sie bessere Überlebenschancen als andere Häftlinge. Jedoch zogen sie oft den Hass der Mithäftlinge auf sich, da sie sowohl großen Einfluss auf die Verteilung von Kleidung und Lebensmitteln als auch auf die Zusammenstellung der Arbeitskommandos hatten. Funktionshäftlinge konnten ihre Macht zum Schutz von Mithäftlingen, aber auch zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen einsetzen. Sie blieben jedoch zu jedem Zeitpunkt selbst Häftlinge, deren Überleben von der Willkür der SS abhing.
Abgetragene Schuhe von KZ-Häftlingen in Auschwitz, die das Grauen nicht überlebt haben.
© Frederick Wallace, 2005
Der Aufstand im sogenannten Zigeunerlager des KZ Auschwitz ist bis heute wenig bekannt. Am 16. Mai 1944 leisteten inhaftierte Sinti*zze und Rom*nja Widerstand gegen ihre drohende Ermordung. Mit Steinen und Werkzeugen bewaffnet, verbarrikadierten sich die Inhaftierten in ihren Barracken und konnten die geplante Liquidierung des Lagers, die ihren Tod bedeutet hätte, vorübergehend verhindern. Der Aufstand ist einer der zentralen Momente des vielfältigen Widerstands, den Sinti*zze und Rom*nja während des NS-Regimes leisteten. Trotz der wagemutigen Aktion konnten die Inhaftierten ihre Ermordung nicht verhindern. Als das „Zigeunerlager“ im August 1944 aufgelöst wurde, erstickte die SS 2.900 der verbliebenen inhaftierten Sinti*zze und Rom*nja in den Gaskammern.
Weg in Richtung des Vernichtungslagers Auschwitz. Tausende Menschen mussten hier entlanggehen; die Gefangenen im "Zigeunerlager" lehnten sich 1944 dagegen auf.
© Krzysztof Pluta, Pixabay